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  • AutorenbildDaniel

Wie verändert Virtual Reality die Baubranche - Trends von der Swissbau 2020

Aktualisiert: 29. Jan. 2020

Die Swissbau 2020 ist schon wieder vorbei. Nebst den neusten Kloschüsseltrends und den gratis Häppchen interessierten uns vor allem wie die Branche in der Zukunft aussehen wird und was in der Schweiz gerade heiss diskutiert wird. Im Vordergrund stehen auch hier Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Alles nur heisse Luft oder steckt auch was hinter den Schlagworten?


Wir haben die für uns spannendsten Ansätze mitgenommen und stellen sie kurz vor.


Eröffnungsfeier an der Swissbau 2020, Bild: www.swissbau.ch


Virtual Reality - Spielerei oder doch zukunftsweisend?


Auch die Baubranche ist auf den VR-Zug aufgesprungen, doch wie kann sie dies sinnvoll einsetzen? Im Innovation Lab hatten Start-ups zusammen mit den ganz Grossen Platz, ihre Projekte vorzustellen. Auffallend waren natürlich die Brillen, welche die Besucher zu wandelnden Luftgreifern mutieren lässt. Natürlich darf da ein Selbstversuch nicht fehlen.

Jedoch setzt bei einem Laien zu Beginn die Orientierungslosigkeit ein, wodurch das reflexartige Fassen nach den virtuellen Objekten ab und zu ein Griff ins Leere wird. Die Lernkurve ist aber zum Glück steil und die darauffolgende Euphorie der neuen Technik lässt also nicht lange auf sich warten.


Beispiel eines Laien, der versucht die Oberfläche eines Tisches zu ändern, Bild: D.D.


Doch wie kann VR sinnvoll eingesetzt werden? Folgende Einsatzgebiete fanden wir spannend:

Mein Ingenieur ist in Shanghai, kein Problem!


Virtuelle Zusammenarbeit oder auch "immersive collaboration" genannt.

Ganz grosses Potential sehen wir in der Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen. Zum Beispiel für ein international tätiges Unternehmen mit mehreren Standorten und verschiedenen Partnern. Hier kann der Sitzungs- resp. der Reiseaufwand erheblich reduziert werden. Früher musste man für komplexe Probleme, für die Videotelefonie nicht mehr ausreichte, physikalisch zusammen in einem Raum sitzen. Heute könnten diese Probleme in einem digitalen Raum detailliert anhand eines Modells besprochen, gelöst und digital protokolliert werden. Im digitalen Raum von Itten Brechbühl gab es sogar ein funktionierendes Whiteboard. Obschon irgendwie ein verrücktes Gefühl, etwas analog von Hand aufzuschreiben auf ein virtuelles Whiteboard.

Ich sehe, daher versteh ich...


Virtual Reality kann auch für das bessere Verständnis der Kunden für ein Objekt dienen.

Diese Methode ist besonders zur Visualisierung eines Platzbedürfnisses sehr praktisch. Kommen mehrere Leute in einer Gastroküche aneinander vorbei? Ist der Platz um die Labortische genug gross um die Messinstrumente sauber bedienen zu können? Oder passt mein nur einmal gebrauchter Home-Trainer in die Kellerecke? Alles Fragen, für die VR eine Antwort verspricht.


Welcher Boden sieht besser aus? Ein Knopfdruck genügt, Bild: L.D.

Praktisch klar, aber nichtsdestotrotz gibt es beim Kontakt mit Kunden via VR-Brillen für uns noch ein ungelöstes Problem. Wir sind Menschen und mögen den persönlichen Kontakt zu anderen. Das Interpretieren eines Zwinkerns bei einem sarkastischen Kommentar oder der Ausdruck in den Stirnfalten, wenn eine Idee gerade gar nicht passt. Das Verstehen und Interpretieren von Mimik wird durch die Brille leider massiv reduziert und der Kontakt fühlt sich distanziert und unpersönlich an. Gefällt nun der Entwurf dem Kunden oder nicht? Was sagt seine Körpersprache?


Virtual Reality ohne Brille - iRoom an der Swissbau, Bild: D.D.


Also wenn VR mit Kunden, dann doch lieber ohne Brille. Im iRoom an der Swissbau wurde dieses Konzept genau so umgesetzt und das Grossprojekt Uptown Basel vorgestellt. Virtual Reality ohne Brille. Dabei wird ein beliebiges Zimmer mittels Projektionen an allen Wänden zum virtuellen Raum und alle Beteiligten können am Erlebnis nebeneinander teilnehmen.


Praktisches Anwendungsbeispiel von der Inside Reality AG

3D-Druck - braucht es bald keine Maurer mehr?


Viel zu oft war ich beim online shoppen in Versuchung, einen kleinen 3D-Drucker für das Homeoffice zu kaufen. Tausende Blogs und Anleitungen sind im Internet zu finden, von Kaffeetasse bis «funktionierenden» Kameraobjektiven. Die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt zu sein. Doch im grossen Massstab ist das Potenzial noch unausgeschöpft.


Druckauftrag Mauer, Bild 3dnatives


China machts vor! Dort ist die 3D-Drucktechnologie schon sehr weit. Es werden Häuser und sogar Brücken bereits mit 3D-Druckern gebaut. Dabei können Häuser direkt auf der Baustelle ausgedruckt werden.


Eine Methode die wir aber vielversprechender finden ist die Vorfabrikation. Dabei wird mit der altbekannten Elementbauweise, die gedruckten Elementen auf die Baustelle geliefert und zusammengesetzt. Das konstruiert den Rohbau und dieser muss nur noch verputzt werden. Es können komplexe Formen gedruckt werden und dies mit einer kosteneffizienten Methode. Der Geschäftsführer der 3D-Druckbude in China spricht sogar von 50 % Kosteneinsparungen im Rohbau. Wer weiss, vielleicht kommen die Plattenbauten in eine Renaissance, die sich diesmal aber sehen lassen kann.





Nun gut, das ist in China, aber was macht die Schweiz? Im Innovation Village besuchten wird den Stand der Firma Mobbot, welche Betonschächte ausdruckt. Immerhin, eine spannende Entwicklung. Allerdings sind in Europa die meisten Projekte noch im Forschungs Stadium an den Universitäten.


Hier sehen wir in Zukunft viel Potenzial für neue Anbieter im Markt.









Ein gedruckter Betonschacht, Bild: L.D.


Nachhaltig? Ja klar, solange ich spare...


Wie das 3D-Druck Beispiel auch zeigt, steigern wir als Gesellschaft stetig unsere Produktivität. Die Herstellung von Gütern wird dadurch tendenziell immer günstiger und durch die gesteigerte Vernetzung der Menschen entstehen Konzepte und Geschäftsmodelle wie zum Beispiel unter dem Stichwort "Sharing Economy", Airbnb, BlaBlaCar etc.


Auch Tesla verfolgt die Vision, dass die autonom fahrenden Autos, welche statistisch gesehen sicherer fahren als Menschen, irgendwann den Individualverkehr grundlegend verändern. Wieso noch ein Auto besitzen und mich darum kümmern müssen, wenn ich per App schnell eins bestellen kann? Diese Veränderung wirkt sich auch auf Anreizsysteme aus. Eine Autoversicherung könnte ja dann das autonom fahrende Auto günstiger versichern als eines, dass man selbst fahren möchte. Solche Anreizsysteme können unser Verhalten beeinflussen.


Eine Gesellschaft mit Stromkosten nahe null?


Die Entwicklungen im Markt der erneuerbaren Energien gehen in die ähnliche Richtung. Die Solarpanels werden immer günstiger und effizienter. Timo Leukefeld, Energieexperte und Autarkiesucher, geht davon aus, dass wir 2030 Solarstrom in Deutschland für 1 Eurocent pro kWh produzieren können. In seinem Vortrag am Swissbau Focus stellt er ein Haus vor, welches Autarkie anstrebt (in welchem er auch selbst lebt) und verdeutlicht die Auswirkungen dieses Konzepts oder wie er so schön nennt "intelligentes verschwenden".

Wenn ich Strom so günstig nutzen kann, dann heize ich im Winter vielleicht doch von 20 auf 22 Grad, lasse alle Lampen brennen, lass die Geschirr- und Waschmaschine mal über Mittag laufen und kühle im Sommer aktiv auf ein angenehmes Raumklima runter - ohne die Umwelt oder das Portemonnaie zu belasten. Und da wären wir wiederum bei einem Anreizsystem dieses Konzept weiter zu verfolgen.


Wie müsste so ein Haus gebaut werden?


Es wird wieder auf eine massivere Bauweise gesetzt, hier also dickere Mauern. Mehr Speichermasse für die Wärme im Winter und langsameres Aufheizen im Sommer.

Dies bedeutet auch einen geringeren Heizbedarf. Dadurch können mittels Infrarotheizstahlern die geringe nötige Restwärme produziert werden. Diese werden durch Solarmodule in der richtigen Ausrichtung gespiesen und das Elektroauto dient als Batterie in der Nacht.

Natürlich wird das System bei Siedlungsbauten noch zusammenhängender gedacht.

Wie es bei der Siedlung Zürich Leutschenbach vorgemacht wurde. Dort wird die Abwärme eines nahegelegenen Rechenzentrums genutzt um die Häuser zu heizen.

Alles Konzepte die eine Systemautarkie fördern und die Betriebskosten senken.



Autarkes Wohnkonzept, Bild: Referat von Timo Leukefeld

Alles in allem versprechen die Konzepte und Gadgets ein günstigeres und einfacheres Leben.

Jedoch stellen sich wie immer bei neuen Konzepten gewisse Fragen. Funktioniert es wirklich in der Praxis? Was passiert mit den Arbeitnehmern, die dadurch nicht mehr gebraucht werden? Bei einer Bevölkerung nahe der Null-Kostengrenze, wie wird da unsere Gesellschaft aussehen? Müssen wir künftig neue Sozial-Modelle anwenden? Wollen wir überhaupt so leben? Oder sind diese Entwicklungen ein weiteres Pokémon-Go auf dem Hype-Friedhof?


Jedenfalls ist es spannend die Entwicklungen zu beobachten und mitzudiskutieren. Auch die Gadgets sind es Wert, im Büroalltag zu integrieren aber vielleicht erstmal beim nächsten Mario Kart-Friday.




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