top of page
AutorenbildLucian

Die CO2 Reduktionsmassnahme über die niemand spricht - Recycling Beton

Aktualisiert: 4. März 2021

Die schönen Sichtbetonwände

Wer kennt das nicht, die schönen Neubauten mit Sichtbeton. Dann auch noch in Sichtbetonklasse 3 verbaut (das schöne Zeug), sauber geschalt und gestalterisch mit Holz oder Metall Elementen ergänzt, das liegt momentan stark im Trend.


Treppenhaus im Sichtbeton Neubau
Sichtbeton Vogenstrasse Basel, Bild: Daniel Dürring

8.9 Mal Singapur hin und zurück oder ein paar Säcke Zement für eine Wohnung

Funktional, praktisch, gut aber wie nachhaltig ist unser graues Gold, das wir andauernd und weltweit verbauen? Bei unserem Mehrfamilienhaus Projekt an der Färberstrasse verbauen wir ca. 1300 m³ Beton. Das gab uns die Idee mal nachzurechnen.


Eine kurze Milchbüchleinrechnung. Machen wir es uns einfach und berechnen nur mal den CO2 Ausstoss des Zements im Beton. Wir verbauen 1300 m³ Beton, dazu benötigen wir ca. 455 Tonnen Zement. Pro Tonne Zement wird ca. 800 kg CO2 ausgestossen (Durchschnitt der verschiedenen Quellen, ohne Transport). Somit sind wir bei ca. 364 Tonnen CO2. Am Ende sind es 12 Wohnungen und etwas über 30 Tonnen CO2 pro Wohnung nur für den Zement.


Ich hatte neulich eine Diskussion, wie viel CO2 wir sparen könnten, wenn wir uns teilweise vegetarisch ernähren oder auf das Flugzeug verzichten. Wie viel CO2 bei einem Langstreckenflug entstehen, könnt ihr hier berechnen: myclimate Klimarechner


Der Flugverkehr trägt allerdings weniger als halb soviel wie die Baubranche aller Treibhausgasemissionen bei. Aber wieso entstehen im Hochbau so hohe CO2-Emissionen? Wir gehen der Sache nach und beginnen bei der Herstellung von Beton.


Zement - der CO2 Sünder

Für Beton braucht es 3 Zutaten: Zement, Wasser und Gesteinskörnung (Sand & Kies).


Kalkstein wird zu Zement gebrannt und zusammen mit Wasser und Sand und Kies zu Beton verarbeitet.
Betonherstellung, Bild: Betonsuisse.ch

Das Problem entsteht bei der Zementproduktion. Der Kalkstein wird bei 1450°C zu Klinker gesintert (braucht viel Brennstoff) und setzt viel CO2 frei, insbesondere auch durch das Entsäuern während dem Brennen und bei den ganzen Mahl-, Mühl- und Förderprozessen.

Dadurch entstehen pro Tonne Zement durchschnittlich 800 kg CO2 Äquivalente.


Wie Sand am Meer – Dubai importiert Sand aus Australien

Für den Zement braucht es auch Sand und Kies. Sand ist einer der meistgeförderten Werkstoffe überhaupt, denn fast überall ist Sand drin, Strassen, Glas, Beton, Zahnpasta, Papier uvm. Der benötigte Sand kann aber nicht einfach aus der Wüste gefördert werden. Es braucht für den Bau eine andere Sand Körnung, der Wüstensand ist zu gleichmässig und rund geschliffen vom andauernden Wind. In Deutschland und der Schweiz hat es genug Sandvorkommen, aber beim Thema Sand wird es meist problematisch, wenn z.B. Dubai Sand von Australien importiert oder der Sand generell per Schiff über weite Strecken transportiert wird. Der Sand wird Übersee zudem vor der Küste aus dem Meer gefördert, was nicht gerade gut fürs Ökosystem ist.


Lösungen - Recycling Beton (RC-Beton) und Alternativen zum Zementklinker

Es gibt Ansätze, Beton nachhaltiger zu machen.

  1. Beton recyceln (RC-Beton). Hier wird beim Abbruch eines Gebäudes der Beton wieder aufbereitet. Es entsteht Betonsplitt und Betonbrechsand. Diese werden als Zugabe in den Betonherstellprozess wiedereingeführt. Dadurch kann Sand und Kies eingespart werden, Zement wird aber immer noch als Bindemittel benötigt. Daher liegt die gesamte CO2 Einsparung lediglich bei 7%. Das Gute an RC-Beton ist, er ist etwa gleich teuer wie Standardbeton. Der Preis von RC-Beton ist Markt-abhängig und schwankt im Bereich von +/- 1 bis 2% unter resp. über dem Preis von Standardbeton.

  2. Beton ohne Zementklinker. Anstatt Zementklinker herzustellen (hohe CO2 Belastung), können Nebenprodukte aus Kohlekraftwerken (Flugasche) und Stahlhochöfen (Schlacke) eingesetzt werden, Hochöfen und Kohlekraftwerke werden aber im Rahmen der Klimaziele 2050 verschwinden. Abhilfe könnten "Cleantech" Firmen wie Hoffmann Green Cement Technologies schaffen, anstatt Flugasche wird Gusseisen- Gips- oder Tonschlacke eingesetzt.

  3. Beton ohne Armierungseisen. Anstatt die grosse Menge Stahl, die mit dem Beton verbaut wird, setzt man nachhaltigere Baustoffe wie Holz oder Bambus ein.


Fazit

  • RC-Beton spart zwar "nur" 7% der CO2 Emission, ist z.T. gleich teuer wie Standard Beton und sollte viel mehr eingesetzt werden.

  • RC-Beton ist der Anfang, es braucht aber eine nachhaltige Lösung in der Zementklinker Herstellung. Innovation in der Betonherstellung ist dringend nötig, Cleantech Startups sind immer mehr am Kommen aber der Regulator könnte mehr Anreize für innovative Firmen sprechen oder für den Einsatz von RC-Beton, um sich den gesetzten Klimazielen zu nähern.

  • Mit dem nachhaltigen Umgang mit dem Baustoff Beton könnte die Baubranche viel zur Reduktion der CO2-Emissionen weltweit beitragen. Es gibt auch Ansätze den Stahl im Beton (Armierung) durch nachhaltigere Werkstoffe wie Holz oder Bambus auszutauschen. Jedoch befinden sich diese Technologien noch in den Kinderschuhen oder werden erst an den Universitäten erforscht.


Unsere Meinung - Fortschritt durch Innovation nicht durch Verzicht

Ein Verzicht wäre theoretisch immer eine Lösung. Kein Fleisch, keine Flüge, Kreuzfahrten und kein Beton. Allerdings fördert Verzicht keine Innovation. Wir sind der Meinung, dass Nachhaltigkeit durch Innovation gefördert werden muss. Wir versuchen mit diesem Artikel das Thema anzusprechen und zu sensibilisieren. Wenn Bauherrinnen und Bauherren mehr über RC-Beton erfahren und wenn es der Baubranche gelingt, die innovativen Firmen und Baustoffe zu fördern, dann kommen wir unseren Klimazielen deutlich näher. Unser (kleiner) Schritt in diese Richtung ist der Einsatz von RC-Beton bei der Färberstrasse.




 

Quellen

Wie Beton hergestellt wird: Betonsuisse

Klimaschutz in der Betonindustrie vom WWF

CO2 Einsparpotenzial von RC-Beton

Hintergrundinfos zum Thema Sandabbau


6.510 Ansichten0 Kommentare

Comments


bottom of page